Logitechs elementare Defizite

Im April 2013 hat Finanzchef Erik Bardman den in Morges ansässigen IT-Konzern Logitech verlassen, acht Tage vor der Veröffentlichung der Jahreszahlen. Damals schien noch alles in bester Ordnung. Konzernchef Bracken Darrell lobte Bardman. Der Finanzchef habe seit seinem Eintritt in die Firma 2009 ein starkes Team aufgebaut und er wünsche ihm alles Gute für die neue Herausforderung, liess sich Darrell in einer Mitteilung zitieren.

Vor zwei Wochen publizierte Logitech mit grosser Verspätung endlich den Abschluss für das Ende März abgelaufene Geschäftsjahr 2013/14 und äussert sich darin nicht mehr allzu positiv über die eigene Finanzabteilung. Es habe demnach bis 2014 bei Logitech an Personal mit angemessenen Buchhaltungskenntnissen gefehlt. Als das Wirrwarr im Mai und Juli publik geworden war, hatte es noch geheissen, die Probleme beträfen vor allem den Zeitraum vor der Ankunft von Bardman.

Doch im Bericht von Ende November machte Logitech nun Vorwürfe, die auch die Zeit unter Bardman betreffen. Bis im Juni 2013 zirkulierten angeblich während fünf Jahren Listen mit pro Quartal jeweils dreissig bis fünfzig «finanziellen Sachverhalten», die dem Wirtschaftsprüfer PwC zumindest in Teilen vorenthalten wurden. Darauf standen wichtige, während des Quartals getätigte Buchungen, Korrekturbuchungen und Angaben für den Anhang des Finanzberichts.

Die Untersuchung des Verwaltungsrates von Logitech hat nun gezeigt, dass neun Punkte dieser Listen zum falschen Zeitpunkt oder mit einem falschen Betrag verbucht worden sind. Ende 2011 hätten die Kosten um 31 Mio. $ höher sein sollen und im Folgejahr im selben Ausmass niedriger. Zwei weitere grobe Fehler waren bereits im August behoben worden.

Den Finanzabschluss unter Kontrolle zu haben, gehört eigentlich zu den Kernkompetenzen eines Finanzchefs. Entweder ist Bardman selbst verantwortlich für die Misere, oder dann muss er sich zumindest vorwerfen lassen, nicht für Ordnung gesorgt zu haben. Logitech hat seit September 2013 einen neuen Finanzchef, Vincent Pilette, und zusätzliche neue für das interne Audit, das Controlling, die Finanzoperationen und die Berichterstattung Verantwortliche sowie einen weiteren Buchhalter für die Konsolidierung. Bardman arbeitet mittlerweile bei Trulia, einer US-Firma aus dem Immobilienbereich mit 144 Mio. $ Umsatz. Wenig überraschend hat Logitech den Revisor PwC ersetzt, der neue Prüfer ist KPMG.

Der Fall wirft aber auch die Frage auf, wer denn diese angeblich zu wenig kompetenten Mitarbeiter angestellt hat. Dazu gibt der Logitech-Bericht leider keine Erläuterungen.

Quelle: Christoph G. Schmutz, Logitechs überforderte Finanzabteilung. Neue Zürcher Zeitung 235 (27.11.14): 29

Schnelligkeit und Qualität in der Rechnungslegung müssen nicht zwangsläufig im Widerspruch zueinander stehen, sofern das Prinzip der Prozessorientierung ein ernstes Anliegen ist. In diesem Sinn ist “Fast Close” angesagt.

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