Die Zahlung, die Novartis an den New Yorker Anwalt Michael Cohen gemacht hat, stelle – zumindest aus heutiger Sicht – nichts Illegales dar, wie die Neue Zürcher Zeitung in ihrer Ausgabe vom 17. Mai 2018 schreibt. Dennoch tritt der Chefjurist des Pharmakonzerns, Felix Ehrat, zurück. Er war neben dem ehemaligen Konzernleiter Joe Jimenez Mitunterzeichner des umstrittenen Kontrakts, mit dem sich Cohen einen Betrag von 1,2 Mio. $ zusichern liess, ohne dafür Zählbares zu leisten. Dass Novartis sich auf eine solch miserable Vereinbarung einliess, ist erstaunlich und zeugt von mangelnder Professionalität.
Trotz aller Kritik sollte man nicht der Versuchung erliegen, aus der Retrospektive über ein Arrangement zu urteilen, das sich im Februar 2017, als man den Vertrag mit Cohen abschloss, ganz anders präsentierte. Das Gelöbnis des neuen Präsidenten Trump, Obamacare zu demontieren, sorgte für Verunsicherung in der Pharmaindustrie. Dass man in der Absicht, Klarheit zu erlangen, einem Scharlatan wie Cohen, der seine Nähe zu Trump geschickt vermarktete, auf den Leim kroch, ist peinlich. Versetzt man sich aber in die damalige Situation, ist der Entscheid zumindest nachvollziehbar. Man wollte jede verfügbare Informationsquelle anzapfen. Anfang 2017 war auch die Geschichte um die Pornodarstellerin Stormy Daniels noch nicht bekannt.
Die finanziellen Folgen des Fehlentscheids halten sich in Grenzen. Erheblich ist dagegen der Imageschaden, den Novartis erlitten hat. Die Firmenführung muss sich den Vorwurf gefallen lassen, die Reputationsrisiken nicht erkannt oder falsch eingeschätzt zu haben.
Als Glücksfall erweist sich, dass Novartis mit Vas Narasimhan über einen neuen Konzernchef verfügt. So lässt sich die Schuld für die unrühmliche Angelegenheit relativ einfach der alten Mannschaft zuschieben. Jimenez ist bereits weg, jetzt geht auch Ehrat. Die öffentliche Debatte über die Affäre dürfte damit allerdings noch nicht beendet sein. Dafür wird das Polittheater in Washington sorgen.
Zunehmender Leistungs- und Konkurrenzdruck verführt selbst renommierte Konzerne, Risiken mit enormer Tragweite einzugehen, wie der Artikel über Novartis zeigt. Wie steht es in Ihrem Unternehmen? Wie oft werden die Geschäftsrisiken beurteilt? Wie verläuft der Risiko Beurteilungsprozess? Ist er dokumentiert? Wie ist die Gewaltentrennung geregelt? Solche und ähnliche Fragen stellen sich immer öfter in Anbetracht erhöhter Risiken.