Im Nachhinein ist man immer klüger. Auf die jüngste Finanzkrise trifft das in besonderem Mass zu: Hätte man doch nur gewusst, was sich da zusammenbraut – und ein globales Debakel hätte sich vielleicht verhindern oder wenigstens etwas entschärfen lassen. Gefordert sind nun “Frühwarnsysteme” – damit es beim nächsten Mal nicht so schlimm herauskommt. Das sagt die G-20, die Gruppe von 20 führenden Industrie- und Schwellenländern, das sagt auch der Internationale Währungsfonds. Doch gefordert ist rascher als geliefert. Dies zeigt die Trockenübung von Andrew Rose, Professor an der University of California in Berkeley, und Mark Spiegel von der Federal Reserve Bank in San Francisco. Die beiden Forscher versuchten die Unterschiede in den Ausprägungen der jüngsten Krise in über 100 Ländern durch statistische Modelle im Nachhinein zu «erklären». Die Modelle enthielten für jedes untersuchte Land theoretisch plausibel klingende Bestimmungsfaktoren der Krise wie Hauspreisanstieg während der Boomjahre, Aktienkursentwicklung, Geldpolitik, Aussenhandelsposition und Finanzregulierungen. Die Ergebnisse waren enttäuschend, wie die Forscher schreiben: Ein Modell, welches das Ausmass der Krise in den untersuchten Ländern befriedigend “erklärt”, haben sie nicht gefunden. Und dies trotz dem Vorteil der Rückschau: Sie wussten um die Ereignisse im Untersuchungszeitraum. Frühwarnsysteme “wissen” dagegen noch überhaupt nichts über die Zukunft.
Die Trockenübung der Forscher wird nicht die letzte gewesen sein. Findige Köpfe werden früher oder später Modelle austüfteln, welche wenigstens die Vergangenheit einigermassen “erklären”. Ob sich damit aber die nächste Krise voraussagen lässt, ist eine ganz andere Frage. Erfahrungsgemäss liegt es in der Natur von Krisen, dass Zeitpunkt und Ausmass kaum voraussehbar sind. Das heisst nicht, dass der Versuch zum Bau von “Frühwarnsystemen” gar keinen Sinn hat. Es heisst nur, dass vor wilden Hoffnungen in solche Systeme zu warnen ist.
Trotz Grenzen von Frühwarnsystemen und Kontrollen ist es gut, sich mit den Risiken systematisch zu befassen und sich dagegen – soweit die Risiken beeinflussbar sind – zu wappnen.