UBS räumt IKS Fehler ein

Wie der Tages-Anzeiger in seiner Ausgabe vom 22. April 2008 schreibt, scheint das Risikobewusstsein in der UBS nicht besonders hoch entwickelt zu sein. Ein interner Bericht nennt erstmals Mängel und Fehleinschätzungen.

Der Bericht ist gewissermassen die Strafaufgabe, die die UBS zuhanden der Eidgenössischen Bankenkommission fertigen musste. Darin beschreiben die Verfasser, was sich in den letzten Monaten in- und ausserhalb der Bank zugetragen hat – seitdem sich die Wolken über dem amerikanischen Kreditmarkt zu verdüstern begannen. Das Originalwerk – um die 400 Seiten dick – ist nur der Aufsichtsbehörde zugänglich. Ein Konzentrat von 50 Seiten wurde am Montag in englischer Sprache veröffentlicht. Die Prüfgesellschaft KPMG hatte Einblick in den Originalbericht und bestätigt die Korrektheit der Zusammenfassung.

Bereits im September 2006, erfährt man im Bericht, hat sich das Management der Gruppe ernsthafte Gedanken über die Entwicklung des US-amerikanischen Häusermarktes gemacht – also Monate, bevor die Blase platzte. Als sich im Januar 2007 die ersten Verluste beim UBS-eigenen Hedge Fund Dillon Read abzeichneten, sei das Risikokomitee alarmiert gewesen. «Dennoch», heisst es im Bericht weiter, «hat das Management der Investmentbank den Ernst des Problems erst im späten Juli 2007 anerkannt.» Am 6. August hätten dann die Verantwortlichen der Investmentbank das dreiköpfige Präsidium des Verwaltungsrates und den Konzernchef umfassend ins Bild gesetzt.

Getreu den bisherigen Aussagen von UBS-Verantwortlichen ortet auch der Bericht die Ursache der Verluste ausschliesslich bei der Investmentbank. Zum ersten Mal wird die Bankspitze aber in die Verantwortung einbezogen. Obwohl diese über die sich verschlechternde Situation im amerikanischen Häusermarkt alarmiert gewesen sei, «hat sie vor dem Juli 2007 keine umfassende Präsentation des UBS-Engagements im amerikanischen Immobilienmarkt verlangt». Man vertraute den Aussagen der Investmentbank-Chefs, «dass die Risiken gut bewirtschaftet sind». Nüchtern folgert der Bericht: «Es scheint, dass das Investmentbank-Management in keiner Phase eine ernsthafte, unabhängige Beurteilung des gesamten Engagements im Hypothekarmarkt gemacht hat.»

In diesem Stil geht es weiter. Es sei zwar oft über die Risiken im amerikanischen Hypothekarmarkt diskutiert worden. Den Debatten seien aber keine klar definierten Aktionen gefolgt, noch seien Fristen für die Umsetzung von Massnahmen gesetzt worden. In der Investmentbank habe es an einer übergeordneten Risikokontrolle gefehlt. «Es scheint, dass der Blick in der Investmentbank auf das Gewinnwachstum und das Wettmachen des Rückstandes auf die Konkurrenz gerichtet war.»

Offenbar lag das Hauptproblem weniger in falschen Strukturen oder Abläufen, sondern in der Ermangelung einer gelebten Risikokultur. «Die Mitglieder des Investmentbank-Managements hinterfragten sich gegenseitig offensichtlich zu wenig in Anbetracht der Entwicklung ihrer jeweiligen Geschäfte.» Ihre Strategie sei nicht Teil einer kritischen Auseinandersetzung gewesen.

Der Bericht schiebt nicht alle Fehler und Fehleinschätzungen allein dem Investmentbereich zu. Indirekt wird darauf verwiesen, dass von ganz oben ein starker Druck ausging. Der Bericht nennt etwa das übergeordnete Ziel der Gruppe, in der Periode 2006 bis 2010 ein «signifikantes Gewinnwachstum» zu erzielen. Es wird auch eingeräumt, dass das Entschädigungssystem falsche Anreize gesetzt habe. Die Entlöhnung der Investmentbanker sei zu sehr auf Profit ausgerichtet.

Die Bankenkommission gab keinen Kommentar zum Bericht ab. Die 400 Seiten müssten zuerst analysiert werden. Erst dann werde über das weitere Vorgehen entschieden. Je nach Befund ist die Einleitung eines aufsichtsrechtlichen Verfahrens denkbar. Mit dem Bericht sollen die Umstände geklärt werden, die zum grössten Debakel in der Schweizer Wirtschaftsgeschichte geführt haben. Die UBS musste bis heute 40 Milliarden Franken abschreiben. Der frühere Konzernchef, Peter Wuffli, und der Chef der Investmentbank, Huw Jenkins, mussten die Bank verlassen. Marcel Ospel tritt an der morgigen Generalversammlung (23.4.2008) unter dem Druck der Öffentlichkeit zurück.

UBS führt eindrücklich vor Augen, was ein leistungsfähiges IKS auszeichnet.

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