Wie die Neue Zürcher Zeitung in ihrer Ausgabe vom 18. August 2011 schreibt, hat der Technologiekonzern Oerlikon im ersten Semester stark an Volumen und Ertragskraft gewonnen und nach einem Fast-Zusammenbruch und finanzieller Sanierung nun wieder einen «Normalzustand» erreicht. Es war eine Art Boom, der die Gruppe auf das jüngste Niveau führte. Bereits die Frankenrechnung (Umsatz 29%) wirkt eindrücklich (vgl. Tabelle), aber darin sind die negativen Währungseinflüsse schon verarbeitet. In Lokalwährungen übertraf der Umsatz das Vorjahr um 46%, was weitgehend mit dem Aufschwung im Textilgeschäft zusammenhing.
Dass dieser Schub verkraftet wurde, deutet darauf hin, dass der Konzern relativ stabil organisiert ist – umso mehr, als die Expansion auch eine starke Steigerung der Ertragskraft bewirkte. Die Ebit-Marge sprang aus der Minuszone auf gut 9%, was praktisch einem Wechsel von Nacht auf Tag entspricht. Konzernchef Michael Buscher betonte am Mittwoch, dass man damit früher als seinerzeit angekündigt alte Spitzenwerte beim Ebit übertreffe.
Auf der untersten Zeile der Rechnung zeigt sich nach dem Vorjahresverlust zudem ein Gewinn von 83 Mio. Fr., und die Verzinsung des eingesetzten Kapitals kann nun zum wichtigen Diskussionsthema werden. Wie Buscher und Finanzchef Jürg Fedier darlegten, ist die Kennzahl Rona (Rendite auf dem Nettokapital) im Konzern jüngst zum wichtigen Beurteilungsmassstab und Erfolgskriterium gemacht worden, um im Management die Aufmerksamkeit für den verantwortungsvollen Umgang mit anvertrautem Geld zu erhöhen. Damit ist Oerlikon hinsichtlich Unternehmenswert-Orientierung vielen Firmen voraus, die noch stark auf Ebit-Grössen fixiert sind.
Laut den Angaben soll der Konzern 2011 fähig werden, die Kapitalkosten anständig zu decken.
In anderer Hinsicht ist Oerlikon aber noch im Rückstand gegenüber Konkurrenten. Der Konzern ist in den vergangenen zehn Jahren durch wechselnde Aktionäre und Ansichten von Aktionären so oft umgebaut, zerteilt und neu zusammengesetzt, ja gequält worden, dass immer wieder hohe Verluste provoziert wurden (vgl. Grafik) und heute noch etliche Mängel und Ineffizienzen die Strukturen prägen dürften. Die sechs Divisionen sind zurzeit aber das «Set», mit dem man arbeitet. Alle Einheiten sind am Wachsen und Verbessern der Ertragskraft; die relativ kleine, noch «negative», aber weiterhin mit hohen Erwartungen verbundene Solarsparte ebenso wie die jüngst auf Rekord-Ebit-Margen angelangten Segmente Coating (20%) oder Vacuum (16%). Für 2011 wird ein Umsatzwachstum von rund 10% und ein Zehntel Einbusse bei den Auftragseingängen erwartet.
Die Ebit-Marge ist eine vielbeachtete Kenngrösse. Zur gesamtheitlichen Beurteilung der Wirtschaftlichkeit ist, wie Oerlikon aufzeigt, die Ebit-Marge indes wenig geeignet.