Je 30 Franken für Arztbesuche

Wie die Neue Zürcher Zeitung in ihrer Ausgabe vom 7. Juni 2009 schreibt, unterstützt der Bundesrat die von Gesundheitsminister Pascal Couchepin unterbreiteten Massnahmen zur Kostendämpfung in der Krankenversicherung. Das Eidgenössische Departement des Innern wird bis zu den Sommerferien ein Gesetzespaket ausarbeiten und dem Parlament zuleiten. Bereits am kommenden Montag sollen Parteien und Interessenvertreter in einer konferenziellen Vernehmlassung zu den Vorschlägen Stellung nehmen. Die Massnahmen drängen sich als dringlich auf, da 2008 und 2009 die Versicherer, wie Couchepin vor den Medien festhielt, das Kostenwachstum in der obligatorischen Krankenversicherung unterschätzt haben. So sind die Versicherer für die Festlegung der Prämien von einem Wachstum von 2,3 Prozent ausgegangen, effektiv belief sich die Steigerung aber auf rund 4,3 Prozent. Dazu kommen laut Couchepin noch grosse Verluste bei den Versicherern wegen der Finanzkrise. Ferner lagen die realen Prämien erheblich unter den theoretisch festgelegten Ansätzen. Diese Differenz ergibt sich dadurch, dass zunehmend mehr Versicherte Versicherungsmodelle wählen, die ihnen Prämienrabatte und den Versicherern weniger Prämieneinnahmen bescheren. Für 2010 befürchteten Fachleute in den vergangenen Wochen Prämienaufschläge von 10 Prozent und mehr.

Im Zentrum der Massnahmen, die Bundesrat Couchepin nun vorschlägt, steht ein Behandlungsbeitrag von 30 Franken. Diese Praxisgebühr ist bei einem Arztbesuch oder einer Behandlung in einem Spitalambulatorium jeweils vorgängig bar zu bezahlen. Der Betrag gilt bei den ersten sechs Konsultationen als geleisteter Vorschuss an die Arztrechnung und wird anschliessend in der Rechnung in Abzug gebracht. Die Vergütung durch die Kasse erfolgt für den reduzierten Betrag. Ab dem siebten Arztbesuch wird die Praxisgebühr an die Franchise angerechnet, sollte diese bereits erreicht sein, wird der Betrag mit dem Selbstbehalt verrechnet und bei einem allfälligen Überschuss dem Patienten von der Versicherung zurückerstattet. Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren sind von der Taxe befreit. Ebenso ist sie bei Mutterschaft nicht gefordert. Für Chronischkranke soll zur Abfederung zusätzlicher finanzieller Belastungen der Selbstbehalt von 700 auf 600 Franken gesenkt werden.

Als weitere Massnahme will Bundesrat Pascal Couchepin alle Krankenversicherer verpflichten, einen telefonischen Beratungsdienst anzubieten. Dieser hat für die Versicherten gratis zu sein, seine Kosten sind als Verwaltungskosten abzubuchen. Laut dem Direktor des Bundesamtes für Gesundheit, Thomas Zeltner, haben Studien am Berner Inselspital gezeigt, dass medizinische Telefonberatungen für die Vorselektion effizient sind und unnötige Besuche namentlich des Spital-Notfalls reduzieren können. – Sodann sieht Couchepins Massnahmenpaket die Einführung einer Kompetenz des Bundesrates vor, bei überdurchschnittlichem Kostenwachstum die von Versicherern und Leistungserbringern ausgehandelten Tarife (insbesondere die Tarmed-Taxpunkt-Werte) zu senken. Weiter sollen die Kantone verpflichtet werden, die Tätigkeit der Spitalambulatorien über Leistungsaufträge zu regeln. Die Wahlfranchise in der Krankenversicherung schliesslich soll nur noch alle zwei Jahre gewechselt beziehungsweise rückgängig gemacht werden können.

Schliesslich plant der Bundesrat, die Bundesbeiträge zur Prämienverbilligung um einen ausserordentlichen Beitrag von 200 Millionen Franken für die Jahre 2010 und 2011 zu erhöhen. Damit will er den Prämienanstieg zusätzlich abfedern. In welchem Rahmen der Sonderbeitrag gesprochen werden soll – ob als befristeter Sonderbeitrag im Konjunkturpaket oder als Lösung im Umfeld des Krankenversicherungsgesetzes -, wird im Juni entschieden. Eine Aufstockung der Prämienverbilligung erfolgt jährlich bereits durch deren Koppelung an den Kostenanstieg in der Krankenversicherung. Diese dürfte auch bei 200 Millionen Franken liegen. Eine Unsicherheit ergibt sich dabei jeweils, weil nicht feststeht, inwieweit die Kantone jeweils bei der Prämienverbilligung mitziehen.

Mit dem vom Bundesrat vorgeschlagenen Behandlungsbeitrag von 30 Franken dürfte der bürokratische Aufwand für Ärzte und Kassen weiter ansteigen. Während der Nutzen weitherum zu Recht in Frage gestellt wird, würde der Beitrag die Versicherungsprämien (weiter) erhöhen.

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