Führungsdefizite eines stolzen Konzerns

Wie die Neue Zürcher Zeitung in ihrer Ausgabe vom 6. Novmeber 2006 schreibt, werfen die Verzögerungen bei der Auslieferung des Airbus A380, die immer höher werdenden Entwicklungskosten für den A350 und Probleme auch beim Militärtransporter A400M ein schiefes Licht auf Programmabwicklung und Kontrollmechanismen bei Airbus.

Die Zahlen sind beindruckend: Zwei Jahre Verspätung, 6 Milliarden Euro weniger Cashflow in den nächsten vier Jahren, 4.8 Milliarden Euro weniger Gewinn.

Die Folgen der A380-Krise gehen weit über das Programm selbst hinaus, ihre Ursachen liegen viel tiefer.

Wer sich in diesen Tagen bei Airbus-Mitarbeitern umhört, kommt zu einigen bestürzenden Erkenntnissen. Im Hamburger Airbus-Werk muss schon seit spätestens 2004 bekannt gewesen sein, dass das A380-Programm auf eine grössere Katastrophe zusteuert. Interne Untersuchungen haben damals ein erschreckendes Bild zutage gefördert: Innerhalb der Organisation waren Verantwortlichkeiten nicht geklärt. Ganze Abteilungen wussten offenbar über längere Zeiträume nicht, wofür sie genau zuständig waren. Gleichzeitig hatten sie gemäss Unternehmenskreisen aber auch bei Details kaum Entscheidungsfreiheiten und mussten sich alles in der Programmleitung genehmigen lassen. Die Prozesse zogen sich auf diese Weise enorm in die Länge, einfache Entwicklungsarbeiten wurden viel teurer als geplant. Zugleich beklagen Mitarbeiter einen Mangel an Transparenz. Weil die Zuständigkeiten oft unklar gewesen seien und Verantwortung nicht genügend auf die Arbeitsebene verlagert worden sei, habe es auch im Berichtswesen grosse Probleme gegeben. In der Führungsebene sei der wahre Entwicklungsstand oft schlicht nicht bekannt gewesen, Updates seien zwar geliefert worden, allerdings seien sie zum Zeitpunkt ihrer – internen – Veröffentlichung schon wieder veraltet gewesen.

Grosse Defizite bemängeln Insider auch bei der Software. Die beiden wichtigsten Airbus-Werke in Toulouse und Hamburg arbeiteten demnach mit unterschiedlichen Versionen der Entwicklungssoftware, die nicht oder nur zum Teil kompatibel waren. Daten von Hamburg nach Toulouse zu übertragen und zu übersetzen, habe deswegen oft mehrere Wochen gedauert – hätten sie die gleichen Programme verwendet, wäre ein Live-Austausch von Informationen möglich gewesen.

Airbus-Mitarbeiter haben wegen dieser Mängel schon vor mehr als zwei Jahren davor gewarnt, dass die Kosten aus dem Ruder zu laufen drohten und dass der Zeitplan nicht mehr einzuhalten sei. Doch an den Strukturen wurde bis heute nichts oder nur sehr wenig geändert.

Wie die betrübliche Situation zeigt, fehlt es bei Airbus nicht nur an den Strukturen, sondern praktisch an allen Ecken und Enden.

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