Wie die Medien berichten (vgl. NZZ 29.4.03), ist in der Schweiz mit den landwirtschaftlichen Urprodukten Frischfleisch, Milch und Kartoffeln kaum etwas zu verdienen.
Es mutet schon eigenartig an, dass weder mit Frischfleisch, Milch noch mit Kartoffeln gutes Geld zu verdienen sei und alle an der Supply Chain beteiligten Produzenten, Händler oder Dienstleister im grossen und ganzen Wertvernichtung betreiben. Der Befund scheint kristallklar zu sein, hat man doch eine Vollkostenrechnung zugrunde gelegt. Mit andern Worten: man hat alle Kosten berücksichtigt, so dass sich keine Fragen mehr stellen. Und gerade hier liegt der Hase im Pfeffer.
Die Vollkostenrechnung, auf der die Berechnung beruht, ist eine Methode, die die erwünschte Transparenz eben gerade nicht erzeugt, sondern die Sachlage aus Produktsicht verschleiert oder gar verzerrt. Wieso? Die Vollkostenrechnung berücksichtigt nicht nur die Kosten für die Kartoffelsaat sondern beispielsweise auch die Kosten der Führungsetage. Da der Zusammenhang zwischen Kartoffel und Führungsetage höchstens kausaler Natur ist, muss bei der Vollkostenrechnung ein Kostenverteilschlüssel eingesetzt werden.
Konkret geht es darum, die Kartoffeln mit einem Teil der Kosten der Führungsetage zu belasten. Der geneigte Leser erkennt auch ohne betriebswirtschaftliche Kenntnisse sofort, dass der Kostenverteilschlüssel eine entscheidende Rolle spielen kann. Mit andern Worten: Da es keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen Kartoffel und Führungsetage gibt, wird jeder noch so ausgeklügelte Kostenverteilschlüssel falsch sein und somit zu Falschaussagen führen.
Entscheidungsgerechtere Informationen lassen sich i.d.R. vielmehr mittels sog. Grenzkostenrechnung gewinnen. Abgesehen von der irreführenden Bezeichnung ist dieses Konzept eher geeignet, die proklamierte Margentransparenz zu erzeugen. Die Grenzkostenrechnung schlüsselt nämlich keine Kosten, sondern ermittelt lediglich den Beitrag, den der Absatz der Kartoffeln an die Deckung der Kosten der Führungsetage (und an die Deckung des Gewinnzieles) liefert. Bei Mehrprodukteunternehmen liegt es auf der Hand, dass der Beitrag von Produkt zu Produkt unterschiedlich hoch ist und das eine oder andere Produkt freilich auch negative Beiträge erzeugen kann.
Zusammenfassend bleibt zu vermuten, dass bei betriebswirtschaftlich korrekter Betrachtung mit Frischfleisch, Milch oder mit Kartoffeln eben doch gutes Geld zu verdienen ist oder zumindest ein Beitrag an die Deckung der nicht zuordenbaren Kosten geleistet wird. Dies wäre denn auch die Erklärung dafür, dass Frischfleisch, Milch und Kartoffeln wohl auch weiterhin im Angebot sein werden.
Machen Ihre verfolgten Kenngrössen und -daten Sinn oder führen Sie womöglich auch zu falschen Schlüssen?