Siemens Führungsdefizite

Wie die Neue Zürcher Zeitung in ihrer Ausgabe vom 18. März 2008 schreibt, hat Siemens am Montag die Investoren mit einer “Gewinnwarnung” verschreckt. Im zweiten Geschäftsquartal wird der Gewinn um 900 Mio. Euro geringer als erwartet ausfallen, weil interne Analysen der Auftragsbestände Probleme mit einzelnen Grossprojekten in den Divisionen fossiler Kraftwerksbau, Mobilität sowie Informatik ans Tageslicht befördert haben. Damit sei gemäss einer Mitteilung der Grossteil der Risiken in diesem Jahr erfasst. Die Probleme sind hausgemacht.

Allein beim Kraftwerksbau betragen sie 600 Mio. Euro. Hier wurden infolge des Branchenbooms seit 2004 Aufträge für Projekte schlüsselfertiger Kraftwerke angenommen, ohne dass Siemens bzw. die Zulieferer und Konsortialpartner über die notwendigen Kapazitäten verfügten. Preissteigerungen bei Stahl und Komponenten, Lieferengpässe sowie eine einseitige Risikoverteilung wirken nun belastend. Der neue Bereichsleiter Wolfgang Dehen erklärte, die notwendigen organisatorischen Verbesserungen bei Prozessen, Controlling und Risikomanagement seien eingeleitet worden. Die fraglichen Projekte würden bis Ende 2009 zu 85% beendet sein; der Anteil an Projekten für schlüsselfertige Kraftwerke werde künftig zurückgefahren. 200 Mio. Euro weniger Gewinn verzeichnet der Bereich Transport: Das Problemtram Combino schlägt nochmals mit 40 Mio. Euro zu Buche, weil sich die Reparaturen an den 475 ausgelieferten Trams als teurer als erwartet erweisen könnten. 50 Mio. Euro fallen beim Transrapid-Projekt in China an, weil sich die Auftragsvergabe für die Verlängerung der Schanghaier Strecke verzögert. Verluste von etwa 100 Mio. Euro gibt es im Informatikgeschäft, weil Grossprojekte in Grossbritannien nicht termingetreu geliefert werden konnten und verloren gingen.

Der neue Konzernchef Peter Löscher bemühte sich, die Ursache der Enttäuschungen als Altlasten des früheren Managements darzustellen, die schonungslos offengelegt und rasch beseitigt würden. Die verantwortlichen Manager seien bereits ausgewechselt, der Konzern zum Jahresbeginn neu organisiert worden. Siemens wachse weiter stark, man sehe keine konjunkturellen Bremsspuren, die Margenziele für 2010 stünden fest, und man nähere sich ihnen 2009 in allen Sektoren an. Trotzdem konnte der Vertrauensverlust nicht vermieden werden; der Aktienkurs brach bis zum Abend um 17% ein.

Gewinnwarnungen sind mE ein Indiz für vorhandenes Mismanagement.

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