Skandal im Zürcher Entsorgungsamt

Der geschasste Chef des Zürcher Entsorgungsamts war eventuell ein Pionier moderner Verwaltung, wie Beat Kappeler in der NZZ am Sonntag vom 11. Juni 2017 schreibt. Er könnte so argumentieren. Denn sein (heimlicher) Safe im Büro, in dem er 215’000 Fr. am städtischen Budget vorbei aufbewahrte, entspricht einer der zentralen Reformen des New Public Management (NPM), wie man es vor fernen zwanzig Jahren diskutierte.

Damals wurde gefordert, die nicht verbrauchten Gelder der Budgetposten ins nächste Jahr übertragen zu können. Damit sollte das «Dezemberfieber» überwunden werden, welches heute in allen Verwaltungen wütet: Noch vorhandene Mittel werden hastig verschleudert. Kappeler kenne Fälle interner E-Mails, in welchen Chefs ihre Untergebenen auffordern, noch rasch vor Mitte Dezember zu handeln. Umgekehrt wurden in einigen Gemeinden und Städten vor zwanzig Jahren solche Überträge erlaubt. Und siehe da, oft schwappten grössere Summen über die Jahresschwelle. In Zürich können nur wenige Abteilungen mit Globalbudgets den hohen Gemeinderat um eine Übertragung anfragen. Es wurde erst einmal versucht und abgelehnt. Kleinliche politische Reaktionen haben diese freien Mittel eingedampft. Die Routine holte die Reformen wieder ein.

Deshalb soll der als schwarze Kasse verschriene Vorrat an Barem im Büro Urs Paulis beim Entsorgungsamt eben als Symbol dafür gelten, was eigentlich erwünscht wäre. Im Budget der Stadt Zürich sind heute solche Spielräume für untere Ebenen verboten. Nicht gebrauchte Budgetmittel verfallen zum Jahresende und müssen erneut beantragt werden. Das ist keine Ausnahme, sondern leider in Gemeinden und Städten die Regel.

Eine Übertragbarkeit der Budgets muss selbstverständlich mit klaren Verfahrensformen eingerichtet werden, und die zuständigen Amtsstellen ihrerseits müssen sicher sein, dass nicht einfach danach die Schrauben angezogen und folgende Budgets sofort gesenkt werden. Und natürlich gehört auch eine kleine Buchhaltung solcher Sondermittel dazu. Ein paar Notenbündel in Couverts ohne klare Zuordnung wie im Entsorgungsamt sind nicht akzeptabel.

Die einzige verwirklichte Reformidee des NPM hatte unbeabsichtigt die ganz falschen Folgen. Ämter sollten möglichst selbsttragend werden, forderte man. Also erheben sie Gebühren, verknurren Bürger, alle Kontrollen, Gutachten, Labortests zu bezahlen, welche die Verwaltung für die Gunst ihrer Bewilligungen verlangt. Damit kehrte sich der Schub um – jetzt sind alle Behörden motiviert, möglichst viel Bewilligungen mit hohen Gebühren aufzuerlegen, weil sie sich damit einen Leistungsausweis schaffen.

Die praktischen Konsequenzen des Sturms im Wasserglas beim Zürcher Entsorgungsamt drängen. Im Geheul um diese Kasse laufen Untersuchungen an, die Stadtparlamentarier werden sich an – gut honorierten – Sitzungen darüber hermachen. Dies alles könnte erstens mehr kosten als die gefundenen 215’000 Franken, und zweitens werden in der Stadtverwaltung nun endgültig Angst und Vorsicht alles lähmen, freie Initiativen, Manövrierräume, kühn wahrgenommene Verantwortung völlig fehlen.

Stattdessen soll man die Lehren des NPM nochmals hervorholen und auch verwirklichen.

In der westlichen Welt ist das zeitraubende Budgetieren kaum wegzudenken. Mit Beyond Budgeting besteht eine erprobte, bahnbrechende Methode, die ohne Budget auskommt und gebundene Ressourcen freisetzt.

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