Teurer Tippfehler

Wie die NZZ in ihrer Ausgabe vom 10. Dezember 2005 schreibt, hat eine folgenschwere Fehlmanipulation eines japanischen Börsenhändlers Kritik am Krisenmanagement der Tokio Stock Exchange (TSE) laut werden lassen. Passiert war die fehlbare Befehlseingabe am Donnerstagmorgen knapp eine halbe Stunde nach Börseneröffnung. Ein Händler des Brokerunternehmens Mizuho Securities Co., das zu Japans zweitgrösster Finanzgruppe, Mizuho Financial Group, gehört, wollte eine einzige Aktie des am Donnerstag erstmals an der Börse gehandelten Personalvermittlers J-Com Co. zum Preis von 610000 Yen verkaufen. Stattdessen tippte er in seinen Computer den Befehl, 610000 Aktien desselben Unternehmens zum Preis von 1 Yen zu verkaufen. Zwei Minuten später wurde der Fehler zwar bemerkt. Mehrere Versuche, den Verkaufsauftrag rückgängig zu machen, scheiterten jedoch. Wie die Mizuho Financial Group am Freitag mitteilte, kostet der Fehlgriff die Bank mindestens 27 Mrd. Yen (290 Mio. Fr.); dies entspricht rund 4% des im laufenden Geschäftsjahr erwarteten Gewinns.

Dass beim Verkaufsauftrag etwas nicht mit rechten Dingen abgelaufen sein konnte, ist offensichtlich: Zum einen war die Zahl der zum Verkauf angebotenen Aktien 42-mal höher als die Zahl sämtlicher ausstehender Papiere von J-Com. Zum anderen lancierte das Unternehmen sein Börsendébut mit einem IPO-Preis von 610000 Yen. Einige Marktbeobachter zeigten sich daher am Freitag ziemlich überrascht, dass die TSE nicht einen Sicherheitsmechanismus hat, um solche offensichtlich unsinnigen Aufträge automatisch abzulehnen.

Kopfschütteln löste zudem der Umstand aus, dass die TSE-Offiziellen selbst nach Kenntnisnahme des “Mistrade” den Handel mit der betroffenen Aktie nicht sofort einstellten, um zunächst die Umstände der Transaktion abzuklären. Stattdessen wurde der reichlich turbulente Handel mit der J-Com-Aktie während des ganzen Tages fortgesetzt.

Am Freitag rangen sich die Börsenverantwortlichen schliesslich zum Entscheid durch, den Handel mit J-Com einzustellen. Es gelte, eine Destabilisierung des Marktes zu verhindern, lautete die Begründung. Eine solche Destabilisierung hatte aber bereits am Vortag stattgefunden. Nach dem verhängnisvollen Verkaufsauftrag waren die Valoren von J-Com innert dreier Minuten um das maximal zulässige Limit von 15% eingebrochen. Nach der Bemerkung der Fehlmanipulation begann Mizuho mit dem Rückkauf der Papiere, was den Titel wiederum um das maximal zulässige Limit von 15% emporschnellen liess. Auf diesem Niveau verharrte die Aktie angesichts der Flut an Kaufordern bis zum Handelsschluss. Laut dem fehlbaren Brokerhaus gelang es zwar, eine grosse Mehrheit der zuvor verkauften – und physisch nicht vorhandenen – Titel zurückzuerwerben, alle Papiere konnten aber nicht erstanden werden. Das Settlement des ungewollten Short-Selling muss von Mizuho laut Börsenregeln bis spätestens Dienstag abgeschlossen sein.

Mittels Business Process Management und Re-Engineering lassen sich fatale Eingabefehler oder andere (dumme) Fehler vermeiden.

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