Schwerer Stand in Frankreich

Die Surseer Wäscheherstellerin Calida erlebt in Frankreich zurzeit Freud und Leid gleichzeitig. Die Gruppe steigerte einerseits dank der im Hexagon beheimateten Tochterfirma Aubade die Erlöse im ersten Semester im Vergleich zur Vorjahresperiode. Andererseits bescherte die auf luxuriöse Lingerie ausgerichtete französische Gesellschaft dem Konzern erneut Klagen von Arbeitnehmern.

Als die Calida-Gruppe die in Paris angesiedelte Firma übernahm, erwirtschaftete diese noch einen bescheidenen Gewinn. Sie rutschte aber bald darauf in die roten Zahlen. Um Aubade wieder profitabel zu machen, waren zwei grössere Umbauten nötig. In einem ersten Schritt wurden 2006 die in Frankreich verbliebenen Konfektionierungsarbeiten (rund 30%) nach Tunesien verlagert. Rund 140 der 500 Beschäftigten waren davon betroffen. In einer zweiten Runde wurde Aubade 2009 nochmals verschlankt, weil die Firma bei einem Umsatz von 63 Mio. Fr. einen Verlust in gleicher Höhe erlitt.

Diese zwei Restrukturierungsprojekte, die Aubade letztlich wieder auf einen profitablen Kurs brachten, führten zu einem juristischen Nachspiel. Ende März entschied ein französisches Gericht in zweiter Instanz, dass Calida 2,1 Mio. € an die in der zweiten Restrukturierung entlassenen Mitarbeiter zu bezahlen habe. Die Kündigungen seien «missbräuchlich» gewesen, weil der Konzern insgesamt damals profitabel gewesen sein. In der Folge haben 127 Arbeitnehmerinnen, die in der ersten Umstrukturierung entlassen wurden, Lunte gerochen und Klage eingereicht. Dies, obwohl sie damals einem Entschädigungsplan zugestimmt hatten.

Die Episode zeigt, wie wirtschaftsfeindlich die «Grande Nation» geworden ist. Zudem scheint man grundlegende ökonomische Prinzipien zu vergessen. Eine Firma, die nur Leute entlassen kann, wenn sie – konzernweit – rote Zahlen ausweist, wird wohl bald überhaupt niemanden mehr beschäftigen können. Unter solchen Umständen lässt sich nur schwer wirtschaften.

Quelle: Christoph G. Schmutz 2013: Frankreich macht Firmen das Leben schwer. Neue Zürcher Zeitung 234 (27.7.13): 24

Frankreich ist ein schönes Land. Ob es aus privatwirtschaftlicher Sicht ebenso attraktiv ist, bleibe dahingestellt.

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